Fahrräder
Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert hatten Fahrräder ihren großen Durchbruch. Es war ein regelrechter Rausch, der überall zu spüren war. Vorbei waren die Zeiten der 1870er und 1880er, in denen Hochräder angesagt waren. Mit zwei gleich großen Rädern war man sicherer und schneller unterwegs. Das Fahrrad wurde zu einem Segen für alle. Viele Ärzte stimmten begeisternd zu: Ein Fahrrad sei eine Sache der Schönheit, gut für die Geister, gut für Gesundheit und Vitalität, ja die gesamte Lebensperspektive. Doch auch Protest wurde laut. Fahrräder wurden als moralisch gefährlich bezeichnet. Bisher konnten sich Kinder und Jugendliche zu Fuß nicht sehr weit von zu Hause entfernen. Nun warnten Zeitschriften, dass eine Viertelstunde sie meilenweit wegbringen könnte. Außerdem würden Fahrräder die jungen Leute vom Lernen und von Büchern ablenken. Doch diese Bedenken hatten wenig Wirkung. Irgendwann fuhren alle Rad. Männer und Frauen, jeden Alters und aus allen Lebensbereichen. Das Fahrrad läutete einen Paradigmenwechsel ein. Vielleicht denken wir daran zurück, wenn wir das nächste Mal über eine neue Technologie schimpfen.