Theorie der Mehrfachentdeckung
Die Geschichte zeigt, dass oft mehrere Erfinder oder Entdecker zur gleichen Zeit über dieselbe Idee stolpern, ohne voneinander zu wissen. Robert K. Merton bezeichnet dies als die Theorie der Mehrfachentdeckung:
Oftmals macht nicht nur ein Nobelpreisträger eine Entdeckung, sondern zwei oder drei. Ein weiteres Beispiel ist die Infinitesimalrechnung, die gleichzeitig von Newton und Leibniz entwickelt wurde. Oder die Entdeckung des Sauerstoffs durch Scheele, Priestley, Lavoisier und andere. Die Evolutionstheorie? Wurde nicht nur von Darwin, sondern auch von Wallace weiterentwickelt. Sogar die Pyramiden, der Hochofen, die Armbrust, das Thermometer, die Fotografie, der Magnetismus, das Telefon oder die Dampfmaschine entstanden gleichzeitig an verschiedenen Orten. Die Glühbirne wurde sogar von 23 Erfindern entwickelt! Edison war einfach der letzte erste Erfinder.
Irgendwann ist Innovation reif und wartet darauf gepflückt zu werden. So waren die 1990er gezwungen Suchmaschinen auszuspucken, so wie die 1870er Glühbirnen gebären mussten. Es scheint, als zögen die Probleme eines Zeitalters die Problemlöser eines Zeitalters an, die alle innerhalb der gleichen Zwänge arbeiten und sich auf die gleichen bestehenden Denkstile, Technologien und Infrastrukturen stützen.
Das Paradoxe ist, dass Einzelpersonen oder Unternehmen entbehrlich für Innovation scheinen. Hätten sich Page oder Brin niemals getroffen oder wäre Edison oder Jobs was zugestoßen, würden wir dennoch Smartphones, Glühbirnen und Suchmaschinen benutzen. Vielleicht hätte alles etwas länger gedauert, trotzdem hätte sich die Innovation durchgesetzt. Das klingt zwar hart, doch die Geschichte scheint jedes Genie und Visionär langfristig ersetzen zu können. Denn häufig existieren Branchen- oder Industriewettrennen um den nächsten großen #Durchbruch, an der mehrere Personen oder Unternehmen beteiligt sind. Sie teilen sich Denkstil, Infrastrukturen und Technologien. Gleichwohl bleiben die individuellen Erfolge von Edison, Jobs oder Page und Brin einzigartig. Immerhin waren sie die ersten, die das Potential komplett erkannten und erschlossen.
Ein weiteres Paradox ist unsere Neigung die Vorhersehbarkeit eines Ereignisses zu überschätzen. Denn rückblickend scheinen Innovationen leicht vorhersehbar. Hat sie aber irgendwer tatsächlich erfolgreich antizipiert? Nein. Auch wenn Technologien nachträglich absurd einfach zu prognostizieren scheinen, ist Vorausschau nahezu unmöglich. Zukunft ist & bleibt ungewiss.
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