August 10, 2020
Otto Lilienthal
Otto Lilienthal mit Flügelschlagapparat am 16. August 1894
Heute vor 124 Jahren starb der deutsche Flugpionier Otto Lilienthal. Er führte die ersten kontrollierten Gleitflüge durch. Sein Lehrmeister war die Natur. Er war überzeugt, dass das Geheimnis des Fliegens in den gewölbten Flügeln der Vögel liege. Deswegen hielt er auch nichts von modernen Gasballons.
In seiner Karriere baute er mehr als 10 Segelflugzeuge, startete knapp 2000-mal & verbrachte insgesamt circa 5 Stunden in der Luft. So groß seine Erfolge waren, viel wichtiger war aber sein Einfluss auf die Gebrüder Wright, damals noch Fahrradladeninhaber. Lilienthal dokumentierte und publizierte systematisch alle Experimente. Dadurch kamen die Wrights mit seinem Werk in Kontakt. Und erkannten das fatale Problem: Fehlende Flugkontrolle. Also machten sie sich dran, es zu lösen.
Otto war, wie Wilbur Wright später schrieb, der größte Vorläufer des menschlichen Fluges. Innovation und Disruption ist immer inkrementeller Fortschritt. Durchbrüche bauen auf Generationen auf. Offenheit und Austausch, auch wenn dieser nur passiv ist, treibt Erfolge. Zwar stehen nur wenige im Glanzlicht der Geschichte, doch hinter ihnen steckt immer ein Innovationsökosystem mit Erfindungen, Experimenten, Mitstreitern und Geschichten. Und sie sind genauso wichtig wie die Helden, die wir ehren.
Sprunginnovation
Invention
Erfinder
History of Science
August 8, 2020
Henry Ford
Failure is only the opportunity to begin again more intelligently.
quotes
August 6, 2020
Espresso Crema
Innovation ist graduell und oft das Ergebnis von Versuch und Irrtum. Heureka Momente sind rar, wahrscheinlich existieren sie sogar nicht. Innovationen stehen immer auf den Schultern von Generationen. Der erste Flug der Gebrüder Wright? Wäre ohne die Arbeit von Otto Lilienthal nicht möglich gewesen. Die Entdeckung der Doppelhelix? Das Ergebnis jahrelanger Forschung vieler Wissenschaftler. Innovation ist inkrementell, schleichend und evolutionär. Nicht radikal, plötzlich, heroisch oder disruptiv.
☕Ein tolles Beispiel für graduelle Innovation ist die Erfindung der Espresso Crema:
1884 wurde das erste Espresso-Maschinen-Patent an Angelo Moriondo ausgestellt. Er löste ein uraltes Problem: Kaffee braucht Zeit. Als Kind des Dampfzeitalters nutzte er Dampfdruck, um Wasser schneller durch gemahlenen Kaffee zu bekommen. Doch Moriondo hatte keinen Erfolg. Auftritt Luigi Bezzerra & Desiderio Pavoni. Sie erweiterten das Design und stellten auf der Mailänder Messe 1906 den “Cafeé Espresso” vor. Der schnelle Kaffe war eine Sensation.
Der Wettbewerb ließ daher nicht auf sich warten. Inkrementelle Fortschritte folgten. Schließlich erfand Achille Gaggia 1948 die hebelgetriebene Espresso-Maschine. Die Innovation: Er konnte den Druck von 2 auf 10 Bar erhöhen.
Seine Maschine sollte den Espresso-Shot standardisieren. Zeuge dafür ist neuer Jargon, den Baristas plötzlich nutzten: Sie prägten den Begriff “einen Schuss ziehen”. Doch am wichtigsten: Der hohe Druck hatte zur Folge, dass der Espresso gekrönt wurde von einem dichten, goldbraune Schaum. Anfangs schreckten die Verbraucher vor dem “Abschaum” zurück. Irgendwann bezeichnete Gaggia das Beiprodukt jedoch als Crema und vermarktete sie als Zeichen höchster Qualität. Ein neuer Indikator war geboren.
Further Reading: Smithsonian - The Long History of the Espresso Machine.
Espresso
Kaffee
coffee
invention
innovation
Innovation
August 5, 2020
The secret language of trees
Trees have large family trees, whose living members are in constant communication, using the mycorrhizae system. Hosting multiple fungal species allows each tree to connect with a wider network, as each group of symbiotic shrooms spreads information to their own personal crews, party line style. On the other end, the receiving tree can identify its relation to the tree of origin, whether they are both members of what we humans refer to as a nuclear family, or much more distant relations. And while this giant subterranean system for sharing information and resources is specific to trees, when we consider how many other forest denizens depend on trees for food and shelter, the message system seems even more vital to the planet’s health.
A more in-depth look: How trees talk to each other by Suzanne Simard (TED Talk)
Wood Wide Web
Trees
Ecosystem Theory
Peter Wohlleben
plant intelligence
August 3, 2020
Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen
Matthäus, 25:29
Das Leben ist nicht fair. Vor allem, wenn es um Erfolg und Reichtum geht. Dieses Phänomen kennen wir bereits so lange wie es die Bibel gibt. Matthäus schreibt: „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat (Mt, 25:29)“. Oder: Es regnet immer dorthin, wo es nass ist.
Der Soziologe Robert Merton operationalisierte den Effekt: Gut-vernetzte Netzwerkknoten gehen eher neue Verbindungen ein, als weniger gut vernetzte. Erfolg führt zu Erfolg. Die Netzwerktheoretiker Barbási & Albert schlugen dann vor, dass der Effekt Netzwerkwachstum sogar beschleunigt. Vor allem, wenn ein Knoten doppelt so viele Verbindungen wie der Wettbewerb besitzt.
Eine Machtrechtsverteilung für die neue Welt. Egal ob man über Städtewachstum, GAFAM Oligopole, Influencer oder den Reichtum von Milliardären spricht. Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Egal ob Aufmerksamkeit, Steuervorteile oder Sendezeit. Macht und soziales Kapital erzeugt mehr Macht und Kapital. Sobald eine kritische Masse erzeugt wurde, ist dynamisches Wachstum & Erfolg wahrscheinlicher als Stillstand. Ein “unfairer” Kickstart (reiche Eltern, Endorsement, Knoten-nähe) reicht dafür oftmals aus.
Matthew Effect
network theory
network effects
platform theory
Internet
August 1, 2020
Gaia-X
Ein paar Gedanken zu dem #GaiaX Handelsblatt Artikel. Stay with me, es wird unangenehm: Grundlegend ist die Motivation nicht verkehrt, denn Cloud = harte Infrastruktur. Doch wer meint hier überhaupt irgendeine Nadel bewegen zu können, der irrt. Die Hypercloud-Anbieter (nennen wir einfach mal die Bösen: Amazon, Google, Microsoft) haben weltumspannende harte Infrastrukturen (= Blech), in die sie Milliarden investieren. Jedes Jahr. Jeder. Das Geld fließt in Datacenter, Millionen von CPUs, transatlantische Kabel etc pp. Ernstzunehmende Wettbewerber, die einem hier einfallen, sagen wir mal IBM oder Oracle, investieren hingegen eher Asset-Light als CAPEX-getrieben. So hat IBM Red Hat für 34 Milliarden gekauft und bei Oracle sinken die Investitionen seit 2017. Ein Zeichen für fehlende Kunden.
Die CAPEX Ausgaben von Microsoft, Amazon und Google hingegen stiegen in den letzten 10 Jahren unaufhörlich. Bei Microsoft waren es 2019 zw. 15 und 20 Mrd. US-Dollar, bei Google knapp 25 Mrd. und bei Amazon 31,95 Mrd. auf dem Zettel. Und jetzt kommt plötzlich GAIAX um die Ecke. Angestachelt durch den Erfolg der Hyperclouds, will man das ganze Spiel sicherer, transparenter, souveräner, blabla und innovativer machen. Versteht mich nicht falsch. Das sind Dinge, die ich befürworte.
Doch am Ende ist es nur eine Schüssel voller netter neuer Buzzwords, die erstmal nur ein Protokoll (Hallo Internet!) beschreiben, welches magisch alle CAPEX Investitionen der Hyperclouds egalisiert. Das kleine gallische Dorf GAIA im Kampf gegen die Übermacht aus dem Westen. Es scheint ein Kampf, der aussichtslos ist. Da helfen auch nicht die schönsten und besten Ideale. GAIAX wird zerdrückt wie Ernest Shackleton’s Endurance im arktischen Eis. Gegen Naturgewalten hilft auch nicht die beste Vorbereitung. Denn was setzt GAIA-X den Milliarden entgegen? Ein Grundlagenbudget von 1,5 Millionen (!) Euro pro Jahr. “Nicht genügend, aber ausreichend” so ein beteiligter Partner. 1,5 Mio., um gg China und die USA zu bestehen. Ahem. Ihre Majestät. Sie belieben zu scherzen. Es bleibt abzuwarten, was ausreichend bedeutet. Again: Wir brauchen Alternativen. Aber wer große Worte schwingt, muss auch Taten folgen lassen. Das Geld reicht nicht annähernd aus. Uber gibt allein pro Monat $3M für Cloud
Services aus. Und GAIAX will ein Gegengewicht bauen?
Was ist also die Antwort? Ich weiß es nicht. Klar. Aber die große Alternative bauen ist schlichtweg Banane. Lieber sollte man kleine Brötchen backen. Dort helfen, wo Probleme digitalen Mehrwert verhindern. “Come for the tool, stay for the network” lautet eine SV Trope. Zum Beispiel Anwendungen wie der matrixbasierte Messenger Element von @PUBLIC_Germany, der eine halbe Mio, für ein Chat-Programm für Schulen und Verwaltung, gestern erhielt, zeigen den Weg auf. Ein kleiner Teich, verglichen mit dem Cloud Ozean.
Aber hier kann was bewegt werden. Zieht man das Pferd von unten auf, wird sich das auch in der Gesamtwirtschaft bemerkbar machen. Und zwar effektiver, werthaltiger und stärkender. Erst wenn die Basis robust und adaptiv ist, kann man in den Krieg ziehen. Wer Infrastrukturen ohne Anwendungen baut verliert. Wir brauchen Services, die Probleme lösen und Nutzer abholen. Keine fünfte Infrastruktur, wenn doch eigtl alle schon grundversorgt sind. Erst recht nicht, wenn man sich diese nicht leisten kann.
Infrastruktur
Cloud Politics
thoughts
July 31, 2020
Jagadish Chandra Bose
Bäume leben so ähnlich wie wir. Sie essen und wachsen, kämpfen mit der Armut, sind betrübt und leiden. Sie können stehlen, sích aber auch gegenseitig helfen, Freundschaften schließen und ihr Leben für die Nachkommen opfern.
Wood Wide Web
plant Intelligence
quotes
July 30, 2020
Unzerstörbare Malzmühlen
Ich liebe solche Geschichten: Während einer virtuellen Whisky-Verkostung (Highlight: Longmorn 2005/2019 G&M Distillery Label) sprachen wir über historische Malzmühlen. Die meisten schottischen Brennereien besitzen entweder eine Robert Boby oder eine Porteus. Einige dieser Mühlen sind fast 100 Jahre alt. Es sind einfache Maschinen: Ein Sieb filtert Fremdkörper aus dem Malz, bevor dieses zwischen zwei Walzen kommt. Die erste Walze zerreißt die Gerste, während die zweite Walze das Korn zu Schrot pulverisiert.
Unaufhörlich mahlen sie Tonne für Tonne, bei nahezu keiner Wartung. Diese Effektivität wurde Robert Boby und Porteus zum Verhängnis. Denn niemand ersetzt solche Maschinen. Die Produktion wurde in den 70ern eingestellt.
Ersatzteile werden seitdem individuell angefertigt, was zu teuren Stillzeiten führt. Auf der Website von Bruichladdich heißt es deswegen, durchaus mit etwas Stolz, dass ihre Mühle “zwei Wochen vor dem Tod des einzigen Mannes im Land, der über das entsprechende Fachwissen verfügte, überholt wurde”.
Kosteten die Maschinen in den 1920ern £300, werden heute gebrauchte Mühlen für £60.000 verkauft. Selbst moderne Destillen favorisieren Gebrauchtmaschinen. Vielleicht aus Nostalgie, aber auch aus Wertschätzung für die Qualität.
In Zeiten von Sollbruchstellen, Internet-Connectivity & Austauschzyklen haben die langlebigen und robusten Low-Tech Produkte ihren ganz eigenen Charme.
Relevant: Hail the maintainers - Capitalism excels at innovation but is failing at maintenance, and for most lives it is maintenance that matters more. Eine ähnliche Geschichte wird gerne von Viessman erzählt.
Geschäftsmodell
business model innovation
low-tech
Innovation
July 27, 2020
Six degrees of Separation
Portrait von Frigyes Karinthy, Wikipedia
Das Kleine-Welt-Phänomen - jeder Mensch ist mit jedem anderen über eine überraschend kurze Kette von Bekanntschaftsbeziehungen verbunden - gehört zu den wissenschaftlichen Grundpfeilern unserer vernetzten Gesellschaft.
Aufgestellt wurde es 1967 von Stanley Milgram. Es wird oft auch als Six Degrees of Separation bezeichnet. Manche kennen vielleicht auch seine Veranschaulichung Six Degrees of Kevin Bacon oder die Kevin Bacon Zahl. Die zugrundeliegende Idee wurde jedoch bereits 1929 (!) in einer Kurzgeschichte des Ungarn Frigyes Karinthy vorgestellt. In Karinthy’s Geschichte versuchen die Figuren herauszufinden, ob eine Kette von Verbindungen sie mit irgendeinem beliebigen Menschen aus der (damaligen) Weltbevölkerung von 1,5 Mrd. Menschen verbinden könnte. Und zwar mit nur fünf persönlichen Vorstellungen.
Karinthy war der Überzeugung, dass durch technologische Fortschritte Freundschaftsnetzwerke größer werden und größere Entfernungen überbrücken konnten. Insbesondere glaubte er, dass die moderne Welt aufgrund dieser ständig wachsenden Verbundenheit der Menschen “schrumpft”.
Diese Idee, sowie die Fortführungen von Milgram und anderen Wissenschaftlern beeinflusste sowohl direkt als auch indirekt viele frühe Überlegungen zu den dominanten sozialen Netzwerken unserer Zeit.
network theory
platform theory
ecosystem theory
social media
Digital Disruption
July 25, 2020
Tim Maughan
“People are not even interested in fixing these problems. They’re interested in finding “solutions.” They’re finding other trajectories, other vectors to get data collection, that’s it because they literally have all been told data is new oil.”
From The Man Whose Science Fiction Keeps Turning Into Our Shitty Cyberpunk Reality.
Silicon Valley
Startups
Data
quotes